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Du kannst mich mit einem Wal, aber auch mit einer Milbe beeindrucken

Janosch ist nicht mehr der, der er vor einem Jahr war. Alles begann im Ocean Camp. Mit 17 erlebt er dort, was sein Interesse zu einer Leidenschaft machte. Und ihn Teil einer Community werden ließ.
Von Arne Herrmann & Max Lindenberg

Janosch Labesius, gerade volljährig geworden, ist das zweitälteste Kind von fünf Geschwistern. Er kommt in einem kleinen Dorf in Niedersachsen zur Welt. Momentan absolviert er eine Ausbildung zum Umweltschutztechnischen Assistenten.

2023 nimmt er am Ocean Camp teil. Wenn Janosch von den Wochen im Camp und auf dem Katamaran erzählt, strahlen seine Augen – als könnte er es immer noch nicht fassen, während er sagt: „Ich war so glücklich. Ich war wirklich so verdammt glücklich. Ich habe mir keine Sorgen wegen irgendwas gemacht.“

Ein neues Lebensgefühl 

Dass Janosch früher ein anderer Mensch war, kann er selbst kaum glauben: „Vor einem Jahr hätte ich nicht mal dieses Interview gemacht. Ich hätte mir tausend Gedanken gemacht. Und ich wäre wahrscheinlich auch nicht in die Situation gekommen, weil ich einfach nicht kommuniziert habe, welche Interessen ich habe und wahrscheinlich hätte ich hier fünf Zettel liegen, auf denen irgendwelche Antworten drauf geschrieben sind“, sagt er mit leichtem Lächeln.

Heute wirkt er selbstbewusst, während er davon spricht, mit dem Rucksack reisen zu wollen: „Am liebsten einfach ein Zelt hinten dran und dann los geht’s. Wenn man wirklich mal unbedingt duschen will, dann kann man ja noch in irgendeine Jugendherberge rein. Wenn man jung ist, hat man ja nicht viel Geld. Wenn man dann schon ein paar Monate unterwegs sein will, muss man sich halt irgendwas ausdenken.“

Wenn er von seiner Zeit mit Okeanos erzählt, wird klar, was seine persönliche Entwicklung so stark geprägt hat. Es sei „das Coolste“, das ihm je passiert ist.

Das Erlebnis im Camp habe ihn sehr geprägt. Zum ersten Mal merkt er „da gibt es andere, die haben genau dieselben Interessen.“ Janosch liebt es, sich mit anderen auszutauschen: „Das, was man kennt, ist begrenzt. Und es gibt vielleicht noch viele andere coolere Sachen, die man zum Beispiel gar nicht kennt.“ Janosch berichtet, wie er nach nur wenigen Tagen ein tiefes Vertrauen zu fremden Menschen aufbaute, als wären sie schon seit Jahren enge Freunde. „Surreal“ sei das für ihn. Auch jetzt noch telefoniert er mehrmals die Woche für Stunden mit den neuen Freunden.

Prägende Begegnungen 

Vor seiner Zeit im Camp war Janosch noch nie im Meer schwimmen. Auf der Vaka habe er vor der französischen Mittelmeerküste zum ersten Mal einen Oktopus gesehen. Er ist heran getaucht und hat erlebt, „wie der Oktopus die Struktur seiner Haut mit verschiedenen Pigmenten ändern kann. Er hat mich angeguckt und man hat gesehen, dieses Tier ist intelligent.“ Grinsend fügt er an: „Danach hat er mich dann mit seiner Tinte abgesprüht.“

Eine Begegnung mit einem Mantarochen war „einer der schönsten Momente in meinem Leben“, erzählt Janosch. Er tauchte nah an den Rochen heran und schwamm einige Zeit mit ihm synchron, erzählt der Jugendliche mit leuchtenden Augen.

Aber auch Delfine habe er während der Zeit auf dem Katamaran gesehen. Um die 200 Delfine schwammen um das Boot herum und ritten auf der Bugwelle, erzählt er. „Eigentlich ist es immer die Regel: Die Anzahl, die man an der Wasseroberfläche sieht, ist meistens nur ein Drittel von dem, was unterhalb des Wassers ist.“

Einer der „schönsten Tage“ seines Lebens war der, als die Gruppe zwei Finnwale vor dem Katamaran entdeckte. Kurz darauf tauchten plötzlich weitere Wale hinter dem Schiff auf – Der Katamaran war von etwa 20 Finnwalen umgeben, während der Sonnenuntergang die Umgebung in ein warmes, goldenes Licht tauchte, erzählt Janosch mit leuchtenden Augen.

In der Nacht wurde der Jugendliche geweckt, um das durch Quallen hervorgerufene Meeresleuchten zu bewundern. Während er diese Gefühle zu beschreiben versucht, fängt er immer wieder seinen Satz neu an und versucht, die passenden Worte zu finden: „Ich war so reizüberflutet, ich wusste gar nicht, was ich machen soll, so gut habe ich mich gefühlt.“

Seine Begeisterung für Tiere habe Janosch schon von klein auf: „Du kannst mich mit einem Wal beeindrucken, du kannst mich aber auch mit einer Milbe beeindrucken.“ Ebenso wie seine Beharrlichkeit: „Meine Eltern sind nicht so mit Tieren. Deswegen hatte ich nie große Haustiere. Ich habe wirklich jedes Tier versucht, aber nicht so Hund oder Katze, sondern Schlange, Schildkröte, Chamäleon.“ Schon von klein auf hing er seinen Eltern in den Ohren. Heute habe er Ameisen. Für sie kenne er auch die lateinischen Begriffe, sie seien für ihn normal geworden. Mittlerweile finde er es amüsant, wenn er in seinem Umfeld auf überraschte Blicke stößt, meint er.

Zukunftspläne 

Nach seiner Ausbildung will Janosch Meeresbiologie studieren. Dazu plant er, zusätzlich Forschungstaucher zu werden – er brauche Abwechslung im Job, erklärt er. Außerdem sei das Tauchen ein Hobby, das er liebt.

Außerdem wolle Janosch etwas für die Natur tun – in verständlicher Sprache. Er habe sich in den Kopf gesetzt, Fachwissen durch leichte Sprache besser verständlich zu machen. Seiner Ansicht nach war dies auch ein Problem während Corona, dass „irgendwelche Wissenschaftler aus den Kellern gezogen wurden und dann den Virus für die breite Masse erklären sollten“, gibt er zu Bedenken.

Aber vor allem habe er während seiner Zeit auf dem Meer gelernt, dass es egal ist, was andere denken: „Wenn ich jemanden auf der Straße sehe und irgendwas über die Person denke, habe ich das zwei Minuten später auch schon wieder vergessen. Ich bin vielleicht ein Bruchteil eines Prozents von deren Leben.“

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