Vor einem Jahr warst du auf der Vaka, beim „Waves of Action“-Camp der OKEANOS-Stiftung. Wie sah dein Tag auf dem Katamaran aus?
Meistens sind wir morgens aufgebrochen. Wir waren in verschiedene Teams eingeteilt, die sich die Nachtwachen aufgeteilt haben. Je nachdem, welches Team gerade an der Reihe war, wurde der Anker gelichtet. Danach sind wir aufgestanden, haben Yoga gemacht oder ein Workout. Oft sind wir morgens auch noch eine Runde schwimmen gegangen, bevor wir losgefahren sind. Manchmal sind wir auch an Land gegangen, um die Natur zu erkunden und zu wandern.
Was hat dich dazu gebracht, dich intensiver mit der Klimakrise und dem Ozean zu beschäftigen und schließlich am „Waves of Action“-Camp teilzunehmen?
Ich komme aus Peru und war gerade beim Surfen, als ich einen Vogel sah, dessen Kopf in einer Plastiktüte steckte – nur ein paar Meter von mir entfernt. Es kam so plötzlich. Ich stand direkt daneben und konnte es kaum glauben. Diese Erfahrung hat mich schockiert und mich dazu bewegt, mich beim Camp anzumelden. Es war, als hätte ich die Umweltkatastrophe mit eigenen Augen gesehen.
Als du auf der Vaka warst, hat der Ozean sicher auch positive Emotionen in dir geweckt. Was war einer der schönsten Momente, die dir in Erinnerung geblieben sind?
Mein absolutes Highlight war ein Abend, als wir im Dunkeln ins Wasser gesprungen sind. Plötzlich begann das Zooplankton um uns herum zu leuchten. Es war magisch – überall funkelte es, sobald wir uns bewegten. Mit unserer Schnorchelausrüstung konnten wir das Spektakel noch intensiver erleben.
Wenn du an diese Erfahrung zurückdenkst, welche Erkenntnisse nimmst du aus dieser Zeit mit?
Die Tierbeobachtungen waren für mich besonders beeindruckend – wir haben so viele verschiedene Lebewesen gesehen. Außerdem habe ich mitgenommen, dass es wichtig ist, durch den Ozean zu inspirieren, statt einfach nur Faktenwissen zu vermitteln.
Was würdest du anderen Menschen raten, damit sie sich nicht von den beängstigenden Fakten der Klimakrise erdrücken lassen?
Mir fällt da der ökologische Handabdruck ein. Statt sich nur auf individuelle Konsumreduzierung zu konzentrieren – wie es beim ökologischen Fußabdruck oft der Fall ist – geht es hier darum, strukturelle Veränderungen voranzutreiben. Wenn man anfängt, die strukturellen Bedingungen zu ändern, ändern sich damit auch die individuellen. Und, dass man damit viel mehr erreicht als einfach weniger zu konsumieren.
Hat sich dein Fokus verändert, seit du das erkannt hast?
Ja, ich bin aktiv geworden – vor allem in der Schule, in der Umwelt- und Garten-AG. Dort haben wir ein neues Projekt gestartet: die „Umweltheldinnen“. Aus jeder Klasse sollen zwei Schülerinnen sich intensiv mit der Klimakrise auseinandersetzen und das Wissen in ihre Klassen weitertragen. Die Idee ist, dass nicht nur eine kleine Gruppe von Aktiven Themen vorgibt, sondern dass alle mitmachen.
Gibt es dir Zuversicht, gemeinsam mit anderen aktiv zu werden?
Auf jeden Fall. Mit anderen Menschen aktiv zu werden zeigt mir, dass ich nicht allein bin und es macht auch einfach mehr Spaß zusammen. Außerdem gibt es mir die Bestätigung, dass ich auf dem richtigen Weg bin und etwas bewirken kann.
Fühlst du dich durch deinen Aktivismus weniger hilflos?
Ja, definitiv. Durch Aktivismus sehen die Probleme nicht mehr so unmöglich aus. Man hat das Gefühl, dass man etwas tun kann, anstatt nur zuzusehen.
Viele Menschen in deinem Alter beschäftigen sich nicht mit Aktivismus, oft weil sie glauben, sie könnten ohnehin nichts bewirken. Wie nimmst du das in deinem Umfeld wahr?
Ich sehe es ähnlich, wie es Umfragen zeigen. Zum Beispiel bei der EU-Wahl war die Wahlbeteiligung unter jungen Menschen erschreckend niedrig – das hat mich betroffen gemacht. Aber ich verstehe auch, warum viele denken, ihre Stimme hätte keinen Einfluss. Trotzdem würde ich immer wählen gehen, meine Meinung vertreten und für Veränderung kämpfen.
Was würdest du diesen Jugendlichen sagen?
Ich würde ihnen erklären, dass eine Stimme zwar klein erscheinen mag, aber dennoch eine enorme Wirkung haben kann. Gerade bei der EU-Wahl beeinflusst jede Stimme, wie Gelder verteilt werden – und das ist vielen gar nicht bewusst. Es hilft, sich die Zukunft vorzustellen und aktiv daran mitzuwirken. Ich selbst wusste früher wenig über Meeresökosysteme. Erst als ich mich damit beschäftigte, erkannte ich, wie wichtig das Thema ist. Ohne Wissen kann man auch nichts verändern.
Auch wenn du hoffnungsvoll in die Zukunft blickst – gibt es Dinge, die dir Angst machen?
Angst im klassischen Sinne habe ich nicht, aber es gibt Dinge, die mir Sorgen bereiten. Zum Beispiel die Kipppunkte im Klimasystem. Wenn wir sie überschreiten, gibt es kein Zurück mehr.
Was müsste sich ändern, damit diese Sorgen kleiner werden?
So vieles! Vor allem müssen mehr Menschen die Natur wirklich erleben und wertschätzen. Nur wer sie kennt und liebt, will sie auch schützen. Und die Politik muss stärker darauf eingehen und notwendige Veränderungen aktiv vorantreiben.
Wenn du an das Jahr 2050 denkst – wie sieht eine positive Zukunft für dich aus?
Ich stelle mir eine Welt vor, in der es weniger Krisen gibt, in der die Klimakrise zwar noch existiert, aber weitgehend unter Kontrolle ist. Eine Welt, in der Menschen solidarisch miteinander umgehen und gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft sorgen.